Was erwarte ich eigentlich von meinem Urlaub?
Nun, ich sage daheim immerzu: „Ich brauche Urlaub! Ach, habe ich so dringend Urlaub nötig! Ich brauche unbedingt eine Auszeit! Ich muss mich erholen. Kraft tanken. Batterien aufladen.“ Aber zu meiner Urlaubs-Challenge gehört auch, dass ich mir darüber Gedanken mache, ob das wirklich alles so stimmt, wie ich (und viele, viele andere) das so sage.
Eigentlich bedeutet Erholung ja „Regeneration“. Nach einer Zeit, die die Kräfte bis zum Ende aufgebraucht hat, soll eine Zeit der Erholung genau diese Kräfte wieder herstellen. Hört sich nicht besonders sexy an. Denn nach dieser Definition ist Arbeit etwas, das keinen Spaß macht und nur mühselig ist. Und in der kurzen Zeit des Urlaubs (leider oft im Verhältnis 48 Wochen Arbeit zu 4 Wochen Urlaub) muss man dann noch alles Mögliche tun, damit nach so kurzer Zeit die Kraft wieder richtig aufgetankt ist – da hört sich ja selbst das Wort „Erholung“ schon anstrengend an.
Dieses Vorhaben gelingt dann oft doppelt nicht. Auf der einen Seite können wir uns in den 4 Wochen Urlaub, die einem normalen Arbeitnehmer zustehen, nicht vollständig regenerieren. Oft gehen Urlaubstage ja auch noch für Krankheiten und Arztbesuche drauf, für Besuche bei Schwiegermutter, Ummeldung des Autos und Renovierung der Küche. Irgendwie ist immer was zu tun – und man will ja die freie Zeit auch noch seiner Familie widmen, da hat man einiges aufzuholen. Der Anspruch an die paar Tage ist einfach zu groß. Man kann nicht so viel Erholung in eine Woche stecken – das erträgt ja kein Mensch. Bei Selbständigen, die GLAUBEN, sie hätten das Hamsterrad verlassen, ist es oft erschreckend ähnlich.
Auf der anderen Seite – und das ist die gute Nachricht – steht doch nirgendwo geschrieben, dass Arbeit anstrengend sein muss. Das wurde uns nur so beigebracht. Zum Glück ist das heute gar nicht mehr so. Man kann es ändern. So wie man fast alle widrigen Umstände im Leben ändern oder zumindest abmildern kann. Bei manchen Berufen hört sich das wie blanker Hohn an. Aber so eine winzigklitzekleine Änderung ist doch eigentlich immer möglich, oder? Was könnte es sein? Vielleicht hat man seinen Traumjob und muss sich das nur einfach mal wieder deutlich sagen. Warum hat man diesen Beruf eigentlich ursprünglich gewählt? Was wollte man damit erreichen? Ist es einem gelungen? Wo sind die guten Seiten dieser Arbeit? Kann man sich öfters mit anderen Menschen aus diesem Beruf in Ruhe austauschen (nicht nur auf dem Flur oder an der Kaffeemaschine)? Gibt es Verbesserungsmöglichkeiten? Würde eine Weiterbildung etwas ändern? Oder man ist in einem Job gefangen, der keinen, aber auch wirklich gar keinen Spaß macht. Der einen nur auslaugt. Wo Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen ätzend sind. Und der Chef wirklich der allerallerschlimmste Mensch der ganzen Abteilung. Dann sollte man reflektieren, warum man überhaupt da bleibt. Warum man nichts ändert. Oder…. warum es so ist, wie es ist. Man kann sich nämlich durchaus dazu entscheiden, alles so zu lassen, wie es ist. Weil man das Geld dringend braucht, keine Lust zu einem Wechsel hat, nichts Besseres findet, was auch immer. Aber dann ist es eine freie Entscheidung (vielleicht nur für eine bestimmte Zeit) – und man fühlt sich damit nicht mehr wie ein Opfer der Umstände.
Aber im Normalfall arbeitet man 8 Stunden am Tag, zuzüglich Fahrzeiten. Und am Abend kommen dann die Kinder, der Ehepartner, die Hausarbeit, das Essenkochen, der Hund….. bis man nur noch müde ins Bett fällt. Wo um Himmels Willen soll man da noch eine Mini-Auszeit einschieben? Genau deshalb überlege ich mir in diesem Urlaub, was mir gut tut. Was im Urlaub überhaupt anders ist. Wo ich kleine Inseln finde, die mir inmitten eines absoluten Stress-Tages doch ein paar Minuten Erholung geben können. Denn jetzt bin ich mittendrin. Ich kann auf meine innere Stimme hören und ich kann schauen, welche Gedanken da so täglich in mir aufploppen.
Und was habe ich in den letzten Tagen rausgefunden? Dass mir meine Arbeit solchen Spass macht, dass ich auch hier nicht ganz darauf verzichte. Das gilt aber für einen angestellten Arbeitnehmer nicht unbedingt gleichermaßen, deshalb überlege ich einfach weiter. Ich genieße hier das Einkaufen, was daheim eine lästige Angelegenheit für mich ist. Warum? Weil ich hier viel bewußter einkaufe. Ich überlege mir wirklich, was ich essen will. Dann vergleiche ich. Gehe ins Fischgeschäft und zum Bauern. Nehme mir Zeit. Rede mit den Menschen. Das macht das Einkaufen eher zu einem Ausflug als zu einer Pflicht. Daheim husche ich immer kurz vor 20 Uhr zu Lidl und bin daheim dann schon fast zu müde, um das Auto leerzuräumen oder die Einkäufe in den Schrank zu stellen. Ich vergrabe mich nicht nur hinter meinem Computer / Laptop / Smartphone, sondern stehe auf und mache ETWAS. Wir genießen es hier zum Beispiel, ziellos durch die Gegend zu fahren (ich liebe die holländischen Häuser hier) und einfach dort halt zu machen, wo es uns gefällt. Einfach mal durch die Straßen bummeln, in ein interessantes Geschäft gehen, einen Kakao trinken. Wir gehen zum Strand (nun ja, das fällt daheim natürlich als Möglichkeit aus), laufen durch die Ferienanlage, sitzen stundenlang am Frühstückstisch und reden. Wir TUN etwas – statt uns nur berieseln zu lassen.
Mal sehen, was mir noch alles auffällt…. Und wenn es mir gelingt, diese Unterschiede Alltag-Urlaub ausfindig zu machen, dann kann ich diese Elemente vielleicht auch in meinen ganz normalen Alltag einzubauen: „Mach mehr von dem, was dir gut tut!“
Sich Zeit nehmen für das, was man gerade tut – egal, was es ist. Das ist gerade meine aktuelle Einstellung zu den Veränderungen im Urlaub. Einfach mal fremde Leute freundlich anlächeln oder sogar ein paar nette Worte wechseln. Ein Buch nehmen statt den Fernseher anzuschalten. Musik hören und sonst nichts tun. All die Aufforderungen, die per Email-Werbung oder Facebook-Posts auf uns einzustürmen, ignorieren und wegklicken. Durch die Straßen laufen und das Gehirn durchlüften lassen. Multitasking verweigern. Mit der ganzen Familie einen Krimi / Fernsehfilm schauen (ja, auch Fernsehen kann total entspannend sein – es ist immer nur die Frage der Auswahl). Sich ganz bewusst Zeit für die Kinder nehmen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass man diese Liste beliebig erweitern kann. Denn Entspannung ist für jeden etwas anderes….